Mit einem heißen Espresso und dem Blick auf den Herkules von meinem Fenster aus, lässt es sich gut schreiben. Die Kaffeemaschine summt noch leise, draußen zwitschern die Vögel. Das Licht der Morgensonne fällt auf die Stadt. Alles ist friedlich.
Ich denke zurück an unsere Orchideenjagd. Wieder brachen wir auf, verließen unser Hotel, packten unsere Sachen ins Auto und fuhren weiter. Ich wollte nie gehen, und wollte doch immer weiter gehen. Willkommen und Abschied.
Wir fuhren durch eine Landschaft wie in einem Western mit John Wayne: Gescheckte Pferde galoppierten donnernd mit ihren Fohlen über die Prärie, hinter ihnen ragten die schräg anlaufenden Klippen in den Himmel. Vorbei an tiefen Schluchten, deren rote Wände in der Sonne leuchteten.
Wir erreichten den Clearcreek Crossing Trail, die “Klare-Bach-Überquerung“. Genau das Richtige für uns an diesem schwül-heißen Tag. Wir wanderten am plätschernden Bach entlang durch den Wald, vorbei an riesigen Blättern. Ein Falke, der uns zu begleiten schien, schrie über uns. Hier wuchs ein Meer von Calypso! Dazwischen wunderschön aufgeblühte Korallenwurze! Wie ein kleiner Schwarm Drachen hingen die weißen Blüten an den hohen Stängeln, schienen uns anzuzischen und warteten nur darauf, abzuheben und durch den Wald zu fliegen.
Dann kam der Regen. Wir erreichten das Auto noch rechtzeitig ohne nass zu werden und fuhren los.
Unser nächstes Ziel war der Mount Hood National Forest. Damit schlossen wir den Knotenpunkt der Acht unserer Reise. Rückkehr in ein bekanntes Gebiet! Fast waren wir hier schon ein wenig zuhause. Es zog uns zum Trillium Lake, wo wir hofften, einen freien Blick auf Mount Hood zu erhaschen. Und das Glück war uns hold! Das Wasser des Sees vom Wind leicht bewegt, tiefblau, der dunkle Wald an seinen Ufern, und dahinter: der einsame Vulkan. Schneegekrönt, von der Sonne beleuchtet, gerade kurz entblößt, die Wolkenwand wie ein Bühnenvorhang aufgezogen.
Glücklich suchten wir unser nächstes Hotel auf. Nur für eine kurze Übernachtung, denn schon am nächsten Morgen wollten wir weiterreisen. Hier im Mount Hood Village Resort verbrachten wir etwas wehmütig unseren letzten vollen Tag in Oregon, aßen Pizza und genossen die Aussicht von unserem Balkon. Gegenüber lag ein Golfplatz, an dem eine Gänseschar entlang zog, Mutter Gans vorneweg, die kleinen Küken voller Vertrauen hinterher.
Ich wünschte, ich könnte immer reisen, immer unterwegs sein, nirgends länger als eine Nacht verweilen, die Welt jeden Tag mit neuen Augen sehen, ein Stückchen mehr von ihr erfassen, begreifen – aber dann - ich kenne mich ja - weiß ich, dass ich auch irgendwo, irgendwann, vielleicht, ein wenig ankommen will.
Lasst mich ein freier Mensch sein,
frei zu reisen, frei anzuhalten,
frei zu arbeiten, Handel zu treiben, wo ich möchte,
frei, meine eigenen Lehrer auszuwählen,
frei der Religion meiner Väter zu folgen,
frei, zu denken, zu reden und zu handeln für mich selbst
und ich werde jedem Gesetz folgen
oder mich der entsprechenden Strafe unterwerfen.
(Chief Joseph, Häuptling der Wal-lam-wat-kain-Gruppe aus dem Wallowa Flusstal im nordöstlichen Oregon)